Kurz vor der Bundestagswahl und dem möglichen Verlust des BMFSFJ für die SPD schafft die scheidende Bundesjustiz- und -familienministerin Christine Lambrecht Fakten nach dem Prinzip der verbrannten Erde und ernennt Prof. Dr. Sabine Walper zur Direktorin des überwiegend aus Mitteln des Ministeriums finanzierten Deutschen Jugendinstituts (DJI).
Prof. Dr. Walper fällt seit Jahren durch parteische und kinderfeindliche Veröfffentlichungen auf, deren Ergebnisse konträr zur internationalen Forschung sind und die keine wissenschaftlichen Belege für ihre Ideologie--basierten Theorien enthalten. Dabei schließt sie schon mal auf Basis von 8 oder 17 beobachteten Kindern auf die Gesamtheit in Deutschland, während anderslautende Ergebnisse skandinavischer Studien mit Daten einiger tausend bis hundertausend Fällen ignoriert werden. Ihre von der internationalen Forschung abweichende Theorie, dass Kinder in einer konfliktbehafteten elterlichen Beziehung nicht von gemeinsamer Betreuung profitieren, kann sie nicht belegen.
Auch in den Skandal um die verschwundene Studie "Kindeswohl und Umgangsrecht" ("Petrastudie") ist Prof. Dr. Walper verwickelt: Nachdem sie die Ausschreibung nicht gewonnen hat, wurde sie Mitglied in deren wissenschaftlichen Beirat und hat nach deren Abschluss den Auftrag übernommen, die bereits fertiggstellte Studie nachträglich an vom Ministerium vorgegebenen Ergebnisse anzupassen.
In der Vergangenheit ist das nun von Walper geführte DJI bereits mehrfach damit aufgefallen, wissenschaftliche Aussagen zum Wohlbefinden von Kindern in Trennungsfamilien fast ausschließlich aus den Ergebnissen der Befragung von Mütter abzu leiteten (z.B. AID:A-Survey „Aufwachsen in Deutschland: Alltagswelten“) oder wissenschaftliche Studien zu Betreuungsmodellen mit sehr fragwürdigen und tendenziösen Interpretationen zu bewerten (z.B. Fachtag „Wechselmodell – Kinder im Fokus von Trennung und Scheidung“, 07.12.2015, Schwerin). Trotz der einseitigen und nicht am Kindeswohl orientierten Ausrichtung des DJI werden dessen Positionen immer wieder ohne kritische Prüfung von der Politik und von Juristen übernommen.
Mit der Ernennung von Prof. Dr. Walper demonstriert das SPD-geführte Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend deutlich, welchen Stellenwert Trennungskinder für die Politik haben: Nur den eines Vehikels für die Interessen erwachsener Menschen. Grundrechte und Bedürfnisse von Kindern spielen weiterhin keine Rolle.
Auch im Jahr 2021 scheint bei den Parteien nicht angekommen zu sein, dass Kinder zwei Elternteile haben und diese für ein gesundes Aufwachsen benötigen. Es ist bedrückend, was die im Bundestag vertretenen Parteien in ihren Wahlprogramme bezüglich getrennt lebender Familien geschrieben haben. Bei den meisten Parteien wird wird von "Familie" geschrieben, diese endet jedoch in der Wahrnehmung, sobald sich Eltern getrennt haben. In der Folge wollen sie Modell "Alleinerziehung" weiter ausbauen, konzentrieren sich ausschließlich auf dfie Bedürfnisse Erwachsener und vergessen dabei diejenigen der Kinder. Während sich manche Parteien damit überbieten, wieviele Mütter ein Kind haben kann, taucht das Wort "Vater" in den meisten Programmen kaum auf. Gleichberechtigung ist als Einbahnstraße formuliert und i.d.R. nur für Frauen und LGBTQ-Personen stattfinden.
Ein Vater, der - wegen zwischenzeitlich eingetretener Arbeitslosigkeit - versucht, den Titel über Kindesunterhalt abzuändern (§§ 238, 239 FamFG), stellt nach schriftlicher Ankündigung an die Mutter die Unterhaltszahlungen ein. Das Amtsgericht verweigert dem Vater die Verfahrenskostenhilfe für das Abänderungsverfahren und verschleppt dieses.
Die Mutter beantragte Unterhaltsvorschussleistungen. Gleichzeitig leitete sie durch ihre Rechtsanwältin die Vollstreckung des vollen Unterhalts gegen den Vater ein, obwohl die Unterhaltsvorschussleistungen auf die Unterhaltsvorschusskasse übergegangen waren, sie diese also insoweit gar nicht mehr vollstrecken durfte.
Das OLG Koblenz bewilligte dem Vater Verfahrenskostenhilfe und entschied im Beschwerdeverfahren der Vollstreckungsgegenklage, dass die Mutter einen Teil der Verfahrenskosten tragen muss.
Viele ärgern sich immer wieder darüber, dass insbesondere Umgangsverfahren verschleppt werden, sei es vom anderen Elternteil und dessen Rechtsanwältin, sei es vom beauftragten Sachverständigen oder von der Familienrichterin.
Dank des Einsatzes von Bernd Kuppinger vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte musste Deutschland für diese Fälle Rechtsmittel einführen. Dies sind die Beschleunigungsrüge gem. § 155b FamFG und die Beschleunigungsbeschwerde gem. § 155c FamFG. Trotzdem ist es imemr wieder überraschend, dass sowohl Fachanwälte für Familienrecht und Familienrichterinnen diese gesetzlichen Bestimmungen offenbar nicht kennen, geschweige denn anwenden. Wie die Alltagserfahrung zeigt, nimmt auch die eigene Rechtsvertretung Verfahrensverschleppungen in der Regel maximal mit einem Schulterzucken hin, statt überhaupt zu versuchen, in einem sich hinziehenden Verfahren mit Beschleunigungsrüge und Beschleunigungsbeschwerde „Dampf zu machen“.
Dass solche Versuche durchaus erfolgreich sein können, zeigt der angehängt Beschluss des OLG Koblenz, welcher als deutliche Watschen für den betroffenen Familienrichter zu werten ist und die dieser nicht ignorieren kann. Und außerdem ist der Beschluss Grundlage für ein ggf. später einzuleitendes Entschädigungsverfahren gem. §§ 198 GVG wegen überlanger Verfahrensdauer.
Ob der Beschluss dem betroffenen Vater hilft, ist derzeit nicht abzusehen. Fakt ist jedoch, dass man keine Fortschritte erzielen kann, wenn man gar nicht erst versucht, diese zu erreichen.
In der Entscheidung EGMR 58718/15 vom 20. April 2021 stellt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte erneut die Verletzung des Artikel 8 "Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens" der Europäischen Menschenrechtskonvention durch die Bundesrepublik Deutschland fest. Im Fall "Stüker gegen Deutschland" ging es um ein von seinem Vater entfremdetes Kind, welchen gegen seinen erklärten Willen vom neuen Partner der Mutter adoptiert wurde.
Leider ist es in Deutschland noch immer üblich, dass Elternteile gegen ihren Willen und gegen Grundrechte und -bedürfnisse ihrer Kinder aus deren Leben gedrängt werden. Die am 29. Oktober 2019 vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte im Fall 23641/17 definierte staatliche Schutzpflicht, Kinder vor induzierter Entfremdung zu schützen, wird von den beiden federführenden Bundesministerien für Justiz (BMJV) und Familie (BMFSFJ) ignoriert.