Als Reaktion auf die 2015 vom Europarat beschlossene Resolution 2079, welche die Diskriminierung der Vaterrolle bei Trennung und Scheidung benennt und Abhilfe von den Mitgliedstaaten fordert, stellte das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) fest, dass internationale Studien, welche die Sinnhaftigkeit der Doppelresidenz längst belegen, auf deutsche Kinder nicht übertragbar sind und beauftragte im November 2015 eine eigenständige Studie "Kindeswohl und Umgangsrecht". Auftragnehmer waren die Universität Bremen, Zentrum für Klinische Psychologie und Rehabilitation (ZKPR), sowie die Projekt PETRA GmbH & Co. KG aus Schlüchte. Als Studienkoordinator wurde Dr. Stefan Rücker benannt.
Bereits kurz nach Beginn der Studie wurde öffentliche Kritik laut, weil Kriterien, nach denen die zu befragenden Eltern auszuwählen seien, nicht kommuniziert wurden. Im Laufe des Jahres 2016 intervenierte das BMFSFJ unter Führung der damaligen Ministerin Manuela Schwesig (SPD) mehrmals in die laufende Studie und veränderte Kriterien zur Auswahl der zu befragenden Eltern. Diese Änderungen führten dazu, dass bei vielen Trennungsfamilien nicht beide Eltern zu der Studie herangezogen werden konnten. Dies schließt eine wichtige Zielgruppe aus der Studie aus und stellt ihren wissenschaftlichen Wert grundsätzlich in Frage.
Auch die Zusammensetzung des wissenschaftliche Beirats wurde vom Ministerium unter Verschluss gehalten und erst nach formaler Antragstellung im Sinne des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) benannt. Hierbei zeigte sich, dass dieser Beirat nicht mit neutralen Wissenschaftlern, sondern mit für einseitige Positionen bekannte Personen und wissenschaftsfernen Parteipolitikern besetzt war. Vertreter für Väterpositionen waren generell nicht berufen.
Trotz der für eine neutrale, wissenschaftlicheStudie schlechten Ausgangsvoraussetzungen scheint deren Ergebnis für das BMFSFJ ein unerwünschtes Ergebnis geliefert zu haben. Nachdem die Studie laut deren Koordinator im April 2019 an das Ministerium übergeben wurde, verschwand sie aus dem Bewusstsein der Öffentlichkeit. Mehrere Anfragen nach dem IFG wurden vom Ministerium abschlägig beschieden. Abweichend von der Darstellung des Studienkoordinators wurde mitgeteilt, dass dem BMFSFJ nur "erste Entwurfsteile der Studie" vorlägen und eine Verzögerung durch den Tod des mitbeteiligten Prof. Dr. Franz Petermann am 1. August 2019, also vier Monate nach der Übergabe, eingetreten sei.
Eine Nachfrage der Bundestagsabgeordneten Katrin Helling-Plahr (FDP) zum aktuellen Stand wurde vom BMFSFJ, inzwischen unter der Führung von Ministerin Franziska Giffey (SPD) am 28. Januar 2020 lediglich wie folgt beantwortet: "Die zum Abschluss der Studie unternommenen Anstrengungen werden weiter fortgeführt, auch um ausstehende rechtliche Fragen zu klären. Es ist uns ein wichtiges Anliegen, dass die Studie numehr so schnell wie möglich zum Abschluss gebracht wird". Ein konkreter Zeitplan wurde nicht benannt.
Es ist für neutrale Beobachter nicht nachvollziehbar, dass eine bereits im Vorfeld durch die Politik massiv beeinflusste Studie offenbar solch unerwünschte Ergebnisse lieferte, die eine monatelage "Nachbearbeitung" erfordern, um den Wünschen des Auftragsgebers zu entsprechen. Dies dürfte kaum den grundlegenden Werten von Wissenschaftlern entsprechen. Die Eingriffe und Verzögerungen lassen zudem den Eindruck entstehen, dass es dem Ministerium nicht um die Bedürfnisse der betroffenen Kinder, sondern vorrangig um die Interessen von Lobbyvertetern und der am Unglück der Kinder verdienenden Scheidungsindustrie geht.