Die Mitteldeutsche Zeitung berichtete am 10.3.2018 von einem Fall, bei dem ein schreiendes, achtjähriges Mädchen von der Polizei in Helbra (Sachsen-Anhalt) aus der Grundschule getragen wurde, um es seiner Mutter zu übergeben. Der Vater hatte zuvor den Rechtsstreit über das Aufenthaltsrecht des Kindes verloren. Obwohl die Polizeibeamten den Einsatz abbrechen wollten, wurde dies vom anwesenden Gerichtsvollzieher abgelehnt. Das um Hilfe und nach seinem Vater schreiende Kind wurde an die Mutter übergeben, die in einem Auto vor der Schule saß.
Das Mädchen lebte zwei Jahre beim Vater, nachdem die Mutter den Haushalt verlassen hatte und zu ihrem neuen Freund gezogen war. Der Vater versuchte, Kontakt zwischen Tochter und Mutter herzustellen, was die Tochter ablehnte. Im August 2017 entschied das Amtsgericht Eisleben auf Antrag der Mutter, dass das Kind zukünftig bei ihr aufwachsen solle, weil sie besser in der Lage sei, die Bindung des Kindes zu beiden Elternteilen aufrechtzuerhalten. Dieser Entscheid wurde vom zuständigen Oberlandesgericht bestätigt, worauf die Mutter die Zwangsvollstreckung forderte, die im Januar 2018 vom Amtsgericht angeordnet wurde.
Eine in das Verfahren eingebundene Kinderpsychologin warnte vor schwerwiegenden Folgen für das Kind geschrieben, wenn es „mittels Gerichtsvollzieher aus der einzig vertrauten Bindung und Umgebung gerissen“ werde. Laut Bild-Zeitung Das Kind lehne die Mutter ab und habe es in den letzten Jahren „kaum erlebt“. So sei die Mutter z.B. auch nicht bei der Einschulung des Mädchens anwesend gewesen. Die Psychologin wies darauf hin, dass das Kind seinen Lebensmittelpunkt, seine Freunde und seinen Schulalltag verlieren und seine Entwicklung nachhaltig beeinträchtigt würde.
Die Justizministerin des Landes Sachsen-Anhalt, Anne-Marie Keding (CDU), wies die Kritik an der Maßnahme zurück. Sie bestätigte zwar mit Blick auf ein Video, welches den Einsatz dokumentierte, dass es sich um fürchterliche Bilder handele, wies aber darauf hin, dass sie keine Kenntnis von den Bedenken der Polizei gehabt habe. Die Bildungsgewerkschaft GEW äußerte sich kritisch zum Vorgehen der Behörden. Die Landesvorsitzende Eva Gehrt sagte: "Erleben Kinder schon im Grundschulalter, dass Mitschüler unter lautem Protest von der Polizei aus der Schule geführt werden, droht die Auflösung dieser wichtigen Bindungen."